Der Renaissance-Entwickler: Werner Vogels stellte in seiner letzten Keynote auf der AWS re:Invent sein Framework für das KI-Zeitalter vor. The Renaissance Developer: Werner Vogels unveiled his Framework for the AI Era in his final keynote at AWS re:Invent.
Nach 14 Jahren als Keynote-Sprecher auf der AWS re:Invent gab Dr. Werner Vogels, CTO von Amazon, bekannt, dass seine Präsentation im Jahr 2025 seine letzte sein würde. Anstatt sich mit dem Übergang aufzuhalten, nutzte Vogels diesen Moment, um eine Frage anzusprechen, die in der gesamten Technologiebranche diskutiert wird: Wird KI Entwickler ersetzen?

Seine Antwort war differenziert. Einige Aufgaben werden automatisiert werden, und bestimmte Fähigkeiten werden überflüssig werden, während neue entstehen. Die grundlegende Rolle der Entwickler bleibt jedoch unverändert – auch wenn sich die Art ihrer Arbeit verändert.

Ein Rahmen für die Evolution

Vogels stellte das von ihm so bezeichnete „Renaissance Developer”-Framework vor und zog Parallelen zwischen der aktuellen technologischen Situation und der historischen Renaissance. Beide Epochen, so argumentierte er, seien Zeiten gewesen, in denen die Neugier explodierte und sich die Werkzeuge parallel zu den menschlichen Fähigkeiten weiterentwickelten. Die Druckerpresse, das Teleskop und die Perspektive in der Kunst veränderten die Arbeitsweise der Denker der Renaissance. Die Entwickler von heute stehen mit KI-gestützten Codierungswerkzeugen vor ähnlichen Veränderungen.

Das Framework basiert auf fünf Eigenschaften. Erstens müssen Entwickler neugierig bleiben und bereit sein, Fehler zu machen. Vogels betonte, dass Experimente nur dann als solche gelten, wenn die Ergebnisse ungewiss sind. Lernen erfolgt durch Fehler und Korrekturen, sei es in menschlichen Sprachen oder in Programmiersystemen.

Zweitens müssen Ingenieure in Systemen denken und nicht in isolierten Komponenten. Vogels verwies auf die Arbeit der Ökologin Donella Meadows zu komplexen Systemen und stellte fest, dass Veränderungen in einem Teil eines Systems unweigerlich Auswirkungen auf andere Teile haben. Das Verständnis von Rückkopplungsschleifen und Systemverhalten wird immer wichtiger, da Software zunehmend vernetzt ist.

Kommunikation als Ingenieurspraxis

Die dritte Eigenschaft – Kommunikation – wurde besonders hervorgehoben. Claire Leggori, Senior Principal Developer im Kiro IDE-Team, demonstrierte, wie Spezifikationen die Unklarheiten bei der Arbeit mit KI-Codierungsassistenten reduzieren. Das Team entwickelte „spec-driven development“, das Anforderungen, Designs und Aufgaben generiert, bevor Code erstellt wird. Dieser Ansatz half ihnen, Systembenachrichtigungen in etwa der Hälfte der Zeit zu erstellen, die für herkömmliches Vibe-Coding erforderlich gewesen wäre.

Vogels merkte an, dass die KI-Codierung zwei wesentliche Herausforderungen mit sich bringt: Verifizierungstiefe und Halluzination. Die Codegenerierung erfolgt schneller als das menschliche Verständnis, wodurch eine Lücke entsteht, in der nicht validierte Software in die Produktion gelangen kann. Modelle generieren auch plausible, aber falsche Lösungen, von der Erfindung nicht existierender API-Attribute bis hin zum Vorschlag ungeeigneter Architekturen.

Verantwortung und Mechanismen

Die vierte Eigenschaft konzentriert sich auf die Verantwortung, insbesondere für die Softwarequalität. Vogels warnte davor, KI-generierten Code als von der Verantwortung der Entwickler getrennt zu betrachten. In regulierten Branchen wie dem Gesundheitswesen oder den Finanzdienstleistungen liegt die Verantwortung weiterhin beim Ingenieur und nicht beim Werkzeug.

Er unterschied zwischen guten Absichten und Mechanismen – Strukturen, die Absichten in konsistente Ergebnisse umsetzen. Die „Durability Reviews” des S3-Teams veranschaulichen diesen Ansatz: Bevor Änderungen implementiert werden, die sich auf die Datenbeständigkeit auswirken könnten, müssen Ingenieure potenzielle Risiken dokumentieren und modellieren. Code-Reviews, die oft als mühsam angesehen werden, dienen als kritische Kontrollpunkte, an denen menschliches Urteilsvermögen die von KI generierte Arbeit validiert.

Über das Fachwissen hinaus

Die letzte Qualität besteht darin, das zu werden, was Vogels als „Polymath” bezeichnet – dabei ist kein universelles Fachwissen erforderlich, sondern die Entwicklung von T-förmigem Wissen, das tiefe Fachkenntnisse mit einem breiten Verständnis verschiedener Disziplinen verbindet. Als Beispiel dafür, wie die Tiefe in einem Bereich in Verbindung mit Neugierde für benachbarte Gebiete zu besseren architektonischen Entscheidungen führt, führte er Jim Gray an, den Turing-Preisträger, der Datenbanktransaktionen erfunden hat.

Auf seinen Reisen durch Subsahara-Afrika und Lateinamerika begegnete Vogels Entwicklern, die ihre technischen Fähigkeiten für grundlegende menschliche Herausforderungen einsetzten. Von Computermodellen zur Vorhersage des Plastikflusses in Flüssen bis hin zu Gesundheitsinformationssystemen in Ruanda, die Daten zur strategischen Platzierung von Einrichtungen zur Gesundheitsversorgung von Müttern nutzen, zeigte die Arbeit das Potenzial der Technologie zur Lösung von Problemen, von denen Milliarden von Menschen betroffen sind.

Die unsichtbare Arbeit

Vogels schloss mit einer Würdigung der unsichtbaren Arbeit, die digitalen Systemen zugrunde liegt – der Datenbankpflege, der Koordination der Lieferkette und der operativen Exzellenz, die Kunden nie zu Gesicht bekommen. Der berufliche Stolz auf diese unsichtbare Arbeit, so argumentierte er, unterscheidet fähige Entwickler von außergewöhnlichen Entwicklern.

Der Übergang zu neuen Stimmen bei den zukünftigen re:Invent-Keynotes spiegelt dieses Prinzip wider. Nach 14 Jahren entschied sich Vogels, sich zurückzuziehen, nicht weil er Amazon verlässt, sondern weil er glaubt, dass die Entwickler-Community es verdient, verschiedene Perspektiven innerhalb von AWS zu hören.

Die Botschaft lässt sich letztlich auf eine einfache Feststellung zurückführen: Entwickler bleiben unverzichtbar. Die Tools ändern sich, die Abstraktionen entwickeln sich weiter und die erforderlichen Fähigkeiten verschieben sich – aber die Arbeit, Systeme zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Menschen dienen, erfordert weiterhin menschliches Urteilsvermögen, Eigenverantwortung und handwerkliches Geschick.

After 14 years of delivering keynotes at AWS re:Invent, Dr. Werner Vogels, CTO of Amazon, announced that his 2025 presentation would be his final one. Rather than dwelling on the transition, Vogels used the moment to address a question echoing across the technology industry: Will AI replace developers?

His answer was nuanced. Some tasks will be automated, and certain skills will become obsolete while new ones emerge. The fundamental role of developers, however, remains intact—though the nature of their work is changing.

A Framework for Evolution

Vogels introduced what he calls the „Renaissance Developer“ framework, drawing parallels between the current technological moment and the historical Renaissance period. Both eras, he argued, represent times when curiosity exploded and tools evolved alongside human capability. The printing press, the telescope, and perspective in art transformed how Renaissance thinkers worked. Today’s developers face similar shifts with AI-assisted coding tools.

The framework rests on five qualities. First, developers must remain curious and willing to fail. Vogels emphasized that experiments only qualify as such when outcomes are uncertain. Learning occurs through failure and correction, whether in human languages or programming systems.

Second, engineers need to think in systems rather than isolated components. Vogels referenced ecologist Donella Meadows‘ work on complex systems, noting that changes in one part of a system inevitably affect others. Understanding feedback loops and system behavior becomes critical as software grows more interconnected.

Communication as Engineering Practice

The third quality—communication—received particular emphasis. Claire Leggori, a senior principal developer on the Kiro IDE team, demonstrated how specifications reduce ambiguity when working with AI coding assistants. The team developed „spec-driven development,“ which generates requirements, designs, and tasks before producing code. This approach helped them build system notifications in roughly half the time traditional vibe coding would have required.

Vogels noted that AI coding introduces two main challenges: verification depth and hallucination. Code generation happens faster than human comprehension, creating a gap where unvalidated software can slip toward production. Models also generate plausible but incorrect solutions, from inventing non-existent API attributes to proposing inappropriate architectures.

Ownership and Mechanisms

The fourth quality centers on ownership, particularly of software quality. Vogels cautioned against treating AI-generated code as divorced from developer responsibility. In regulated industries like healthcare or financial services, accountability remains with the engineer, not the tool.

He distinguished between good intentions and mechanisms—structures that convert intentions into consistent outcomes. The S3 team’s „durability reviews“ exemplify this approach: before implementing changes that might affect data durability, engineers must document and model potential risks. Code reviews, often viewed as tedious, serve as critical control points where human judgment validates AI-generated work.

Beyond Domain Expertise

The final quality involves becoming what Vogels calls a „polymath“—not requiring universal expertise, but developing T-shaped knowledge that combines deep domain specialization with broad understanding across disciplines. He cited Jim Gray, the Turing Award winner who invented database transactions, as an example of how depth in one area combined with curiosity about adjacent fields produces better architectural decisions.

Throughout his travels to Sub-Saharan Africa and Latin America, Vogels encountered developers applying technical skills to fundamental human challenges. From computational models predicting plastic flow in rivers to health intelligence systems in Rwanda using data to strategically place maternal care facilities, the work demonstrated technology’s potential to address problems affecting billions of people.

The Unseen Work

Vogels concluded by acknowledging the invisible labor underlying digital systems—the database maintenance, supply chain coordination, and operational excellence that customers never see. Professional pride in this unseen work, he argued, distinguishes capable developers from exceptional ones.

The transition to new voices at future re:Invent keynotes reflects this principle. After 14 years, Vogels chose to step back not because he’s leaving Amazon, but because he believes the developer community deserves to hear from different perspectives within AWS.

The message ultimately returns to a simple assertion: developers remain essential. The tools change, the abstractions evolve, and the skills required shift—but the work of building systems that serve human needs continues to require human judgment, ownership, and craft.

Von Jakob Jung

Dr. Jakob Jung ist Chefredakteur Security Storage und Channel Germany. Er ist seit mehr als 20 Jahren im IT-Journalismus tätig. Zu seinen beruflichen Stationen gehören Computer Reseller News, Heise Resale, Informationweek, Techtarget (Storage und Datacenter) sowie ChannelBiz. Darüber hinaus ist er für zahlreiche IT-Publikationen freiberuflich tätig, darunter Computerwoche, Channelpartner, IT-Business, Storage-Insider und ZDnet. Seine Themenschwerpunkte sind Channel, Storage, Security, Datacenter, ERP und CRM. Dr. Jakob Jung is Editor-in-Chief of Security Storage and Channel Germany. He has been working in IT journalism for more than 20 years. His career includes Computer Reseller News, Heise Resale, Informationweek, Techtarget (storage and data center) and ChannelBiz. He also freelances for numerous IT publications, including Computerwoche, Channelpartner, IT-Business, Storage-Insider and ZDnet. His main topics are channel, storage, security, data center, ERP and CRM. Kontakt – Contact via Mail: jakob.jung@security-storage-und-channel-germany.de

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